Das Jahr 2021 war für die Wirtschaft ein Auf und Ab: Interview mit Daniel Probst und Andreas Gasche

 

Dass die Corona-Pandemie auch im vergangenen Jahr dominant und herausfordernd war, ist unbestritten. Doch welche Auswirkungen sie gehabt hat, ist interessant und unerwartet zugleich. Andreas Gasche, Geschäftsführer des Kantonal-Solothurnischen Gewerbeverbandes und Daniel Probst, Direktor der Solothurner Handelskammer, sprechen über 2021 und 2022.

Daniel Probst, vor einem Jahr sagten Sie, dass 2021 die globale und die Schweizer Wirtschaft auf den Wachs- tumspfad zurückfinden würden – trotz Corona. Zu Recht. Wie sehen Ihre Prognosen für das neue Jahr aus?
Daniel Probst: Die letzte Umfrage zum Solothurner Wirtschaftsbarometer der Solothurner Handelskammer und des Kantonal-Solothurnischen Gewerbever- bandes im Oktober 2021 zeigte, dass die hiesige Wirtschaft die Coronakrise im Ver- lauf des ersten Halbjahres 2021 weitestgehend hinter sich gelassen hat und sich trotz der weiterhin geltenden Einschränkungen auf Expansionskurs befindet. Treiber des Solothurner Wirtschaftswachstums sind in erster Linie die Industrie, das Baugewerbe und die wirtschaftsnahen Dienstleistungen. Noch nicht wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückgefunden haben die von der Coronakrise arg gebeutelten Wirtschaftszweige wie das Gastgewerbe, die Event-, Reise- und Freizeitindustrie oder das Druckgewerbe.

daniel probst

Und die Arbeitslosigkeit?
Daniel Probst: Ein überraschend positi ves Bild zeigt im Kanton Solothurn auch die Beschäftigung. Trotz tiefgreifender Wirtschaftskrise hat sich die Zunahme der Arbeitslosigkeit im Kanton Solothurn in Grenzen gehalten. Die Umfrageergebnisse zeigen zudem, dass die Solothurner Unternehmen auch weiterhin nicht planen, den Personalbestand zu senken. Und bezüglich der Aussichten für das Jahr 2022 zeigten sich die befragten Unternehmen sehr optimistisch, wobei anzumerken ist, dass im Oktober die neue Virusmutation Omikron noch nicht bekannt war. Ohne die Mutante gingen die Solothurner Unternehmen davon aus, dass sich die dynamische Wirtschaftsentwicklung auch im nächsten Jahr fortsetzen wird. Insbesondere die Solothurner Industrie schaute sehr optimistisch auf das neue Jahr. Weniger euphorisch beurteilte das Solothurner Baugewerbe das kommende Jahr. Auch bei den Dienstleistungen scheint sich für 2022 eine Erholung auf breiter Front abzuzeichnen. Selbst die durch Corona stark betroffenen Branchen erwarten 2022 eine Normalisierung.

Wo liegt ein Konjunkturrisiko?
Daniel Probst:
Ein Konjunkturrisiko sind die Lieferengpässe sowie die Verfügbarkeit und die Preise von Rohmaterial und von Komponenten. Neben neuen Virus- varianten mit erneuten Einschränkungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens bereiten der Inflationsdruck, der gegenüber dem Euro wieder erstarkte Schweizer Franken und die hohen Energiepreise einiges an Kopfzerbrechen.

Andreas Gasche, und Sie sagten vor einem Jahr, dass 2020 mit Corona aus politischer und demokratischer Sicht lehrreich gewesen sei. Wie war 2021?
Andreas Gasche:
Grundsätzlich ist Corona für die Gesellschaft und die Wirtschaft ein Auf und Ab. Nach einer schwierigen Phase kommt eine Zeit der Entspannung und darauf folgt fast mit hundertprozentiger Sicherheit erneut eine Periode der Einschränkungen.

andreas gasche

Können wir etwas lernen?
Andreas Gasche:
Wir müssen lernen, mit diesem Virus zu leben. Wir dürfen nicht bei jedem Anstieg das gesellschaftliche Leben auf Null stellen. Wir müssen aber auch bereit sein, die Branchen, die nach wie vor unter der Pandemie leiden, weiterhin zu unterstützen. Wir haben im Jahr 2021 zweimal über das Covid-19-Gesetz abgestimmt. Beide Male haben rund drei Fünftel der Abstimmenden die vom Bundesrat und Parlament vorgeschlagenen Änderungen gutgeheissen. Bedenklich ist jedoch, dass im Schnitt rund 1,9 Mio. Stimmberechtigte nicht an die Urne gehen. Das sind mehr als ein Drittel der stimmberechtigten Menschen in unserem Land, die von ihrem Privileg, mitbestimmen zu dürfen, nicht Gebrauch machen!

Also hat 2021 Corona dominiert?
Andreas Gasche:
Corona hat uns begleitet, geprägt, aber trotzdem konnten wir uns im Jahr 2021 auch um andere Schwerpunkte kümmern.

Politisch haben die Wirtschaftsverbände auch viel Lobbyarbeit geleistet. Dennoch, einige Abstimmungen wurden zur Zitterpartie. Wie lautet Ihre Strategie für 2022?
Daniel Probst:
Tatsächlich konnten wir aus der Parlamentarischen Gruppe Wirtschaft + Gewerbe im Frühling 2021 gleich drei dringliche fraktionsübergreifende Aufträge einreichen, welche vom Kantonsrat erheblich erklärt wurden und die Härtefallregelung für die Solothurner Wirtschaft in die richtigen Bahnen lenkte. Dabei zeigte sich, dass es ein grosser Vorteil ist, wenn die Wirtschaft und das Gewerbe direkt im Kantonsrat vertreten sind. Von den elf im Jahr 2021 von der Solothurner Handelskammer als wirtschaftsrelevant eingestuften Abstimmungen erwiesen sich eigentlich nur das Indonesienabkommen und das CO2-Gesetz als Zitterpartien. Erstere wurde mit 51,6 Prozent angenommen, zweitere mit 51,6 abgelehnt. Insgesamt entschied das Stimmvolk bei acht von elf Vorlagen im Sinne der Solothurner Handelskammer.

Andreas Gasche: Abstimmungen haben sehr oft eine Eigendynamik. Im Jahr 2021 fanden im Kanton Solothurn 13 nationale und 4 kantonale Abstimmungen statt. Der Kantonal-Solothurnische Gewerbeverband hat zu 7 Abstimmungen keine Parole gefasst. Bei den restlichen zehn Abstimmungen hat das Solothurner Volk zweimal gegen die Empfehlungen des Gewerbes gestimmt. In 80 % der Fälle waren die Haltungen des Volkes deckungsgleich mit den Empfehlungen des