Strommangellage wird zur Herausforderung für die Wirtschaft. Was ist zu tun?

Die Gefahr einer Strommangellage in der Schweiz ist grösser geworden; das Thema der Vorsorge und der Schutzmassnahmen auch. Zu wenig Strom ist vor allem für Unternehmen bedrohlich. Gut, dass in Solothurn weder die Politik noch die Wirtschaft den Kopf in den Sand stecken und handeln.

Das Risiko einer Strommangellage ist gross, das Schadenspotenzial für die Schweizer Wirtschaft ebenso. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen vorausschauend Überlegungen anstellen, wie sie mit einer Strommangellage umgehen und welche Massnahmen sie vorsorglich treffen können. Aber wie ernst ist die Situation? Ernst. Am 30. September 2021 hat die Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen OSTRAL eine Kampagne lanciert, in der sie unter anderem einen Informationsbrief an rund 30 000 Grossverbraucher – Stromkunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100 000 kWh – in der Schweiz verschickten. Der Inhalt des Briefes: Dass im Fall einer langandauernden Strommangellage Massnahmen vorbereitet sind, die beim Eintreten einer Krise umgesetzt werden könnten. Die Unternehmen ihrerseits werden aufgefordert, sich mit einer länger andauernden Strommangellage auseinanderzusetzen. Das Szenario ist düster: Bei einer Strommangellage steht tage-, wochen- oder sogar monatelang zu wenig Strom zur Verfügung. Gemäss der nationalen Risikoanalyse «Katastrophen und Notlagen Schweiz» (Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS, November 2020) werden die Gefährdungen Strommangellage, Pandemie und Ausfall Mobilfunk als grösste Risiken angeführt. Alle drei Gefährdungen bergen hohes Schadenpotenzial bei gleichzeitig relativ hoher Eintrittswahrscheinlichkeit. Bei einer Strommangellage handelt es sich um eine «schwere Mangellage» nach Art. 102 der Bundesverfassung, in welcher der Bund für die Vorbereitung und Durchführung von Massnahmen zur Sicherstellung der Versorgung der Schweiz mit lebenswichtigen Gütern wie Strom zuständig ist. Im Klartext: Ein Strommangel bedeutet ein Ungleichgewicht von Strom angebot und Stromnachfrage über einen längeren Zeitraum. Die entstehende Angebotsverknappung kann von den Energieversorgungsunternehmen auf Basis der regulären Marktmechanismen nicht mehr verhindert werden.

«Das würde zum Beispiel bedeuten, dass Fabriken weniger produzieren könnten, Behörden und Dienstleistungsunternehmen wie Banken ihr Angebot verkleinern müssten oder vom Strom abhängige Transportmittel wie Bahnen oder Trams nur noch eingeschränkt fahren könnten.»

 

Auch Bundespräsident Guy Parmelin warnt und betont, dass die Strommangellage eine grosse Gefahr für die wirtschaftliche Versorgung der Schweiz ist: «Das würde zum Beispiel bedeuten, dass Fabriken weniger produzieren könnten, Behörden und Dienstleistungsunternehmen wie Banken ihr Angebot verkleinern müssten oder vom Strom abhängige Transportmittel wie Bahnen oder Trams nur noch eingeschränkt fahren könnten.» Im schlimmsten Fall könnte der Schweiz bereits in vier Jahren ab 2025 – fehlendes Stromabkommen – zu wenig Strom zur Verfügung stehen. Am 16. November teilte der Solothurner Regierungsrat mit, dass er den Vorschlag des Bundesrates, öffentliche Aufgaben der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL) an Swissgrid und an den Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) zu übertragen, begrüsse. Im Vordergrund stehen das Monitoring der Versorgungslage und die Bildung einer Kriseninterven-tionsorganisation im Gassektor.

Das Thema Strommangellage beschäftigt derzeit breit. Auch die Fraktion der Solothurner FDP.Die Liberalen handelte und gelangte Mitte November im Kantonsrat mit einer Interpellation an die Regierung. Eine Frage ist zentral: Muss angesichts des gescheiterten Rahmenab- kommens mit der EU davon ausgegangen werden, dass ab 2025 der Strom in den Wintermonaten knapp wird? Dazu der Verband Schweizerischer Elektrizi- tätsunternehmen VSE: Eine ungenügende Kooperation mit der EU aufgrund eines fehlenden Stromabkommens werde negative Auswirkungen auf die Importkapazitäten und die Versorgungssicherheit der Schweiz haben. Der Bundesrat hat am 13. Oktober kommuniziert, dass ein fehlendes Stromabkommen zu kritischen Situationen für die Schweiz führen könnte, insbesondere im Winter. «Wir halten diese Einschätzung für durchaus realistisch, insbesondere in Zukunft, wenn Beznau I und II vom Netz gehen. Deshalb gilt dem Thema Versorgungssicherheit und insbesondere dem Winterstrom unsere grösste Aufmerksamkeit», hält Julien Duc, Mediensprecher des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen fest und ergänzt, um der starken Importabhängigkeit begegnen zu können, «muss der Ausbau der erneuerbaren Energien im Inland massiv vorangetrieben werden.» Doch wer ist zuständig für die Massnahmen? Müssen die Kantone Vorkehrungen treffen, um die Auswirkungen einer Strom-mangellage zu beherrschen und die Grundversorgung der Bevölkerung und Wirtschaft jederzeit sicherzustellen? «Im Fall einer Strommangellage würde der Bundesrat auf nationaler Ebene Verordnungen in Kraft setzen (Bewirtschaftungsverordnungen Elektrizität).

«Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss im Inland massiv vorangetrieben werden.»

Die Umsetzung der Massnahmen erfolgt mit der Unterstützung durch die OSTRAL. Die Kantone können ergänzende Informationen ausgeben. Die Verantwortung für die Festlegung von Massnahmen liegt jedoch beim Bund», betont der Mediensprecher Julien Duc. Trotzdem: Unternehmen dürfen ihre Stromversorgung im Notfall weder dem Zufall noch dem Bundesrat überlassen. Es sind die Grossverbraucher selber, die handeln und schützende Anlagen installieren müssen. Aktuell informieren die über 600 Verteilnetzbetreiber der Schweiz in einer Informationskampagne ihre Stromgrosskunden über die Massnahmen, die im Fall einer Strommangellage getroffen würden, namentlich die Einschränkung des Verbrauchs. Den Unternehmen wird empfohlen, sich vorausschauend für einen solchen Krisenfall vorzubereiten. «Die Vorbereitung auf eine allfällige Strommangellage ist Teil der unternehmerischen Verantwortung. Welches die konkreten Vorbereitungsmassnahmen sind, ist stark vom Unternehmen und seinen jeweiligen Business-Prozessen abhängig», sagt Duc vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen. Für diese Lösungen sorgen Profis, die bei Unternehmen Anlagen installieren, die in kritischen Situationen für lückenlosen Stromfluss sorgen. Die USV Service AG in Solothurn plant und realisiert die unterbrechungsfreien Stromversorgungsanlagen und stellt sicher, dass kritische Anlagen wie IT-Systeme, Sicherheitssysteme sowie Produktionsanlagen auch bei Stromausfall ohne Unterbruch weiterbetrieben oder kontrolliert heruntergefahren werden können. Doch welche Punkte müssen bei der Anschaffung einer USV beachtet werden? «Auf die Dimensionierung der Anlage und der benötigten Kapazität, denn ob bei einem Stromunterbruch die USV noch dreissig Minuten oder zwei Stunden Strom liefert, wird für das Unternehmen im Ernstfall den entscheidenden Unterschied machen», veranschaulicht Marcel Vuille, Geschäftsleiter der USV Service AG die Situation. Das Solothurner Unternehmen bietet ein modulares System an, das ausbaufähig und dadurch nachhaltig ist. «Damit unterscheiden wir uns von den Mitbewerbern», hält Marcel Vuille fest. Grosse Kunden wie die BLS oder die BKW setzen auf die USV Service AG und sichern damit die Stromversorgung im Notfall ab. «Derzeit ist vor allem die Wahl des Energiespeichers (Blei-Batterien, Salz-Batterien, Li-Eisenphosphat-Batterien) ein grosses Thema. Da ist noch viel Innovation gefragt.» Auch der Fachmann weiss, dass es für die Schweiz noch eine sehr grosse Herausforderung sein wird, mit erneuerbaren Energien einer Strommangellage vorzubeugen. Der Abbau gesicherter Kapazitäten (Kernenergie, Kohle) verändert den Strommarkt grundlegend – nicht nur in der Schweiz, sondern europaweit. Die Produktion wird volatiler und stärker abhängig von den Witterungsbedingungen. Diese Veränderungen können sich negativ auf die Importfähigkeit der Schweiz auswirken. Denn auch unsere Nachbarn müssen enorme Mengen an konventionellen Kraftwerkskapazitäten durch erneuerbare Energien ersetzen. Die langfristige Versorgungssicherheit muss daher weiterhin durch eine angemessene Produktion im Inland gewährleistet werden.