Alt Bundesrätin Doris Leuthard ist als Co-Präsidentin von Svizra27 sehr zufrieden mit der Projektentwicklung. Sie betont, Svizra27 sei ein eigenständiges Landesausstellungsprojekt. Und alle weiteren Initiativen einfach zu fusionieren, wäre falsch. Svizra27 ist jedoch in regelmässigem Kontakt mit den anderen Landesausstellungsprojekten, über die Parlamentarische Gruppe, via dem Seco oder auch mittels Direktgesprächen.
Doris Leuthard, der Bundesrat hat sich kürzlich für die Durchführung einer Landesausstellung ausgesprochen und die Machbarkeitsstudie für das Projekt Svizra27 ist bereits in Arbeit. Sind Sie als Co-Präsidentin von Svizra27 mit dem aktuellen Stand der Dinge zufrieden?
Die Arbeiten rund um die Machbarkeitsstudie laufen auf Hochtouren und sind Ende 2023 abgeschlossen. Mit der Machbarkeitsstudie werden mögliche Szenarien für das Projekt Svizra27 hinsichtlich ihrer Durchführbarkeit überprüft. Im Rahmen der Studie werden die Lösungsansätze analysiert, Risiken identifiziert und Erfolgsaussichten abgeschätzt. Zusätzlich wird eine wirtschaftliche Beurteilung des Projekts im Rahmen eines Businessplans erfolgen. Die Svizra27-Organisation hat einen grossen Drive und ich bin sehr zufrieden mit dem Stand der Arbeiten.
Da aktuell mehrere Projekte das Ziel verfolgen, eine Landesausstellung ab 2027 durchzuführen, haben Bund und Kantone dazu aufgerufen, eine Zu- sammenarbeit oder Zusammenfüh- rung der verschiedenen Initiativen anzustreben. Eine Fusion ist aber nicht im Sinne von Svizra27, richtig?
Natürlich wäre es für den Bund und die Kantone einfacher, gäbe es nur ein Projekt, aber aus diesem Grund so unterschiedliche Projekte einfach zu fusionieren wäre falsch. Svizra27 ist ein eigenständiges Landesausstellungsprojekt, welches seit 2016 inhaltlich, zeitlich und organisatorisch klar strukturiert ist. Die vorliegende Machbarkeitsstudie wird eine unabdingbare Beurteilungsvoraussetzung sein, dass die Kantone (KdK) dem Bundesrat eine Projektempfehlung abgeben können. Nach Abschluss der Machbarkeitsstudie (Ende 2023) erfolgt bezüglich der obigen Frage, eine Neubeurteilung der Situation. Zuletzt konnte man lesen, dass Svizra27 sich einem Dialog mit den anderen LA-Projekten verwehrt, dies ist falsch. Einerseits hat man sich längst innerhalb einer parlamentarischen Gruppe zusammengeschlossen und andererseits wurden die LA-Projekte gemeinsam aktiv gegenüber dem Bund zur Klärung der Rahmenbedingungen.
Der Bund hält in seiner Mitteilung weiter fest: «Sollten mehrere Initiativen zu konkreten Projekten heranreifen, stellt sich die Frage eines Auswahlverfahrens.» War dieser Prozess absehbar?
Ein solcher Prozess ist doch normal, oder? Der Wettbewerb zwischen den einzelnen Projekten soll in der jetzigen Phase spielen. Ich bin überzeugt, dadurch werden diese einzeln noch besser. Wir stellen uns jedenfalls einem solchen Wettbewerb und sind fest entschlossen, dass Svizra27 in der Nordwestschweiz die nächste Landesausstellung werden soll. Wichtig ist für uns – und wohl auch für die anderen LA-Projekte – dass es nun seitens des Bundes vorwärts geht, ein straffer Zeitplan dafür aufgestellt wird, damit die einzelnen Projekte am Ball bleiben und zügig weitergearbeitet werden kann.
Svizra27 ist komplex und zielt auf die hochbrisanten Themen «Mensch – Arbeit – Zusammenhalt» – unter anderem auf das Arbeitsethos, das Teil der nationalen Identität ist. Denken Sie, dass sich «Swiss made» heute im Zuge der «Globalisierung» wieder stärker als Qualitätsmerkmal positionieren lässt?
Die Schweiz ist eine Willensnation und wir müssen wieder eine neue Kraft entwi- ckeln, die über Infrastrukturbauten hinausgeht. Svizra27 soll Denkanstösse liefern und dazu beitragen, die komplexen Themen näherzubringen, dann sind wir bei «Swiss made». Svizra27 hat eine klare Vision, ein klares Motto und dabei ist es das Ziel, dass sich die ganze Schweiz in der einen oder anderen Form in ihr wiedererkennen kann. Die Schweiz kann nicht von der Vergangenheit leben.
Im Projektbeschrieb von Svizra27 steht: «Menschen definieren sich vornehmlich über ihre Arbeit. Sie gibt ihnen Wert und verleiht dem Alltag Struktur.» Hat sich diese Aussage im Laufe der Pandemie noch verstärkt?
Auf jeden Fall. Neue Arbeitsformen im Zusammenhang mit der Digitalisierung haben einen Schub erhalten. In gewissen Bereichen wurde die Veränderung in kurzer Zeit herbeigeführt, was ohne Pandemie viel länger gedauert hätte. Plötzlich haben Branchen kein Personal mehr, ich denke da an die Gastronomie oder an das Flugpersonal. In der Zeit der Pandemie haben sich viele Menschen Gedanken gemacht, wo will ich hin, wo habe ich einen Job, der auch in der Pandemie sicher ist. Aber nicht nur jeder einzelne Mensch oder die Arbeitswelt wurde auf den Prüfstein gelegt, noch viel mehr der Zusammenhalt. Physisch getrennt und nur noch verbunden via Computer, das war eine Erfahrung, welche viele zum Nachdenken angeregt hat.
Was fasziniert Sie persönlich an Svizra27 am meisten?
Natürlich ist die Nordwestschweiz meine Heimat. Svizra27 funktioniert in all ihren Facetten als Landesausstellung. Svizra27 ist klar strukturiert, hat eine Heimat in den fünf NWCH-Kantonen und verfügt über ein starkes Motto, welches als roter Faden durch alle Prozessentscheidungen und -entwicklungsschritte eingehalten wird. Die Zusammenarbeit zwischen der strategischen und der operativen Ebene ist gut organisiert und funktioniert bestens. Mit dem aktuellen Schritt der Machbarkeits- studie werden wir Ende 2023 entsprechende Grundlagen dazu liefern können.
Und wie wichtig erachten Sie für die Schweiz die Tradition einer Landes- ausstellung?
Als sehr wichtig! Und Svizra27 kommt mit ihrem Motto «Mensch – Arbeit – Zusam- menhalt» genau richtig. Es gab in der Schweiz nicht übermässig viele Grossprojekte. Ich würde sogar sagen, dass die Expos rare Ausnahmen waren. Auf 25 Jahre hinaus gerechnet ist eine Landesausstellung überaus günstig. Insbesondere dann, wenn man ihren Nutzen betrachtet. Mit der nächsten Landesausstellung können wir die Schweiz weiterbringen. Ein Land darf nicht nur noch Angst haben vor dem grossen Wurf. Die Schweiz kann sich eine nächste Landesausstellung leis- ten; sie muss sie sich leisten. <